Leucovorin: Hoffnungsträger bei Autismus?

Aus aktuellem Anlass:

https://www.dailymail.co.uk/health/article-14409159/breakthrough-autistic-boy-symptoms-reversed-cheap-drug.html

Leucovorin, auch bekannt als Folininsäure oder Calciumfolinat, ist ein Medikament, das als eine aktive Form von Vitamin B9 (Folsäure) wirkt. Es wird primär in der Onkologie zur Milderung der Nebenwirkungen von Methotrexat eingesetzt, findet aber auch Anwendung bei bestimmten Vergiftungen und zur Behandlung von Folsäuremangel. In letzter Zeit hat es jedoch auch Aufmerksamkeit in einem anderen Bereich erhalten: der Behandlung von Autismus.

Warum könnte Leucovorin bei Autismus helfen?

Untersuchungen zeigen, dass etwa 40-60 % der autistischen Kinder an einer sogenannten zerebralen Folatmangelstörung (Cerebral Folate Deficiency, CFD) leiden. Dabei handelt es sich um eine Erkrankung, bei der das Folsäure-Transportsystem im Gehirn gestört ist. Der Körper produziert Antikörper gegen den Folatrezeptor Alpha (Folate Receptor Alpha, FRA), was dazu führt, dass zu wenig Folat in das Gehirn gelangt.

Folat ist essenziell für verschiedene neurologische Prozesse, darunter die Neurotransmitterproduktion und die DNA-Synthese. Ein Mangel kann kognitive, motorische und sprachliche Entwicklungsstörungen verursachen, die häufig bei Autismus beobachtet werden.

Wie wirkt Leucovorin?

Leucovorin ist eine bioverfügbare Form von Folat, die das Problem des gestörten Transports überwinden kann. Studien deuten darauf hin, dass eine hochdosierte Leucovorin-Therapie dazu beitragen kann, den Folatspiegel im Gehirn zu normalisieren und dadurch Symptome von Autismus zu verbessern. Insbesondere wurden positive Effekte in den Bereichen Sprache, soziale Interaktion und kognitive Fähigkeiten beobachtet.

Studien und wissenschaftliche Erkenntnisse

In mehreren klinischen Studien wurde der Einfluss von Leucovorin auf autistische Kinder untersucht. Eine randomisierte, placebokontrollierte Studie aus dem Jahr 2018 ergab, dass Kinder, die hochdosiertes Leucovorin erhielten, signifikante Verbesserungen in ihrer Sprache und Kommunikation zeigten. Diese Effekte waren besonders ausgeprägt bei Kindern, die hohe Konzentrationen von FRA-Antikörpern aufwiesen.

Gibt es Risiken oder Nebenwirkungen?

Wie bei jedem Medikament gibt es auch bei Leucovorin potenzielle Nebenwirkungen. Diese können unter anderem Schlafstörungen, Reizbarkeit oder gastrointestinale Beschwerden umfassen. Daher sollte eine Therapie immer in Absprache mit einem Facharzt erfolgen, insbesondere da hochdosiertes Leucovorin als Off-Label-Use bei Autismus gilt.

Persönliche Erfahrung mit Leucovorin und Lederfoline

Dr. Richard Frye, ein Vorreiter in der Behandlung von autistischen Kindern mit Leucovorin, verwendet in seiner Praxis Dosierungen von 1-2 mg pro kg Körpergewicht. Ergebnisse werden oft nach etwa sechs Monaten sichtbar, manchmal jedoch auch früher.

Aber woher weiß man, ob ein Kind an einem Folatmangel im Gehirn leidet? Derzeit gibt es nur zwei Möglichkeiten, dies festzustellen:

  1. Ein FRAT-Test, der in Europa nur in Belgien durchgeführt wird.
  2. Eine Lumbalpunktion, bei der eine Probe des Nervenwassers entnommen wird.

Vor einigen Jahren habe ich bei Henry die französische Variante „Lederfoline“ ausprobiert, da sie preislich deutlich günstiger ist. Zum Vergleich: Leucovorin (15 mg) kostet ca. 147 €, während Lederfoline nur 18 € kostet. Henry startete mit einer Viertel Tablette, und wir sahen schnell, dass er mehr Wörter sprechen konnte. Leider wurde er jedoch stark hyperaktiv, was schwer zu handhaben war.

Dr. Frye empfiehlt in solchen Fällen, sogenannte „Calming Agents“ zu nutzen. Ich könnte mir hier CBD-Öl oder L-Theanin als geeignete Mittel vorstellen, falls wir es nochmals versuchen sollten. Letztlich haben wir die Behandlung nach drei Monaten abgebrochen, da es für Henry und die ganze Familie sehr belastend war. Wahrscheinlich war sein oxidativer Stress damals sehr hoch.

Viele in der Community verzichten auf den Test, da er in Europa schwer durchzuführen ist. Stattdessen bestellen einige einfach Leucovorin oder Lederfoline und beginnen mit einer kleinen Dosis, um sich langsam an die Zieldosis heranzutasten.

Fazit

Leucovorin könnte für eine Untergruppe von autistischen Kindern mit CFD eine vielversprechende Behandlung sein. Die vorhandenen Studien liefern ermutigende Ergebnisse, auch wenn weitere Forschungen notwendig sind, um den genauen Wirkmechanismus und die Langzeitwirkungen besser zu verstehen. Eltern, die eine solche Therapie in Betracht ziehen, sollten mit Spezialisten sprechen und eine fundierte Entscheidung treffen.

Die Diskussion um Leucovorin zeigt einmal mehr, wie wichtig es ist, personalisierte Therapieansätze für Autismus zu entwickeln und dabei neueste wissenschaftliche Erkenntnisse zu berücksichtigen.

Download zu Dr. Frye`s Vortrag über CFD bei autistischen Kindern:

NACHTRAG:

Wenn man Leucovorin/Lederfoline einnimmt, dürfen keine Milchprodukte gegessen/getrunken werden. Es hemmt die Aufnahme!

2 Antworten zu „Leucovorin: Hoffnungsträger bei Autismus?”.

  1. Auf iHerb kann man sehr gutes Folinsäurepräparat kaufen. Bei meinem Sohn hat diese Folinsäure zusammen mit der methylieren Form von B12 und TMG seine depressiven Zustände und die sogenannten „Meltdowns“ beruhigt. Jetzt werden wir versuchen, es mit DMG. Ich kann es empfehlen, es auszuprobieren.

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    1. An dieser Stelle ist es sinnvoll zu wissen, welche Methylierungstyp man ist. Henry ist ein langsamer Methylierer. Bei Vitamin B12 muss man genau darauf achten, welche Form man einnimmt. Henry hat eine slow COMT Genvariante. Er verträgt nur unmethylierte Vitamine. In dem Fall habe ich Hydroxo-B12 besorgt.

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