In den vergangenen Jahren habe ich gefühlt jeden medizinischen Weg ausprobiert – vom Homöopathen bis zum Kinderpsychiater, von Heilpraktikern bis zu hochspezialisierten Fachärzten. Gleichzeitig hatte Henry im Jahr vielleicht zwei Termine, bei denen er tatsächlich anwesend sein musste. Zum Glück bieten heute viele Ärzte Online-Konsultationen an, was mir enorm hilft: weniger Fahrtstress, weniger Wartezimmer und ein deutlich niedrigerer mentaler Druck.
Trotz der vielen Kontakte gab es am Ende nur zwei Ärzte, die uns wirklich ein Stück weitergebracht haben. Doch ihre Begleitung war auf Dauer finanziell einfach nicht zu stemmen. Und Henrys Symptome waren so komplex, dass wir schließlich fast ausschließlich mit Spezialisten aus den USA gearbeitet haben. Das bedeutete für mich: unzählige Laborberichte durchgehen, Stuhl-, Urin- und Blutwerte selbst interpretieren, Behandlungspläne schreiben und all das mit hunderten Stunden Recherche füllen.
Wie ich KI aktuell nutze
Seit ich mich Anfang 2025 intensiver mit KI beschäftigt habe, hat sich eine ganz neue Arbeitsweise für mich geöffnet. Besonders hilfreich finde ich die Möglichkeit, in ChatGPT sogenannte „Projekte“ anzulegen. Das ist wie eine eigene kleine Arbeitsumgebung, in der ich die wichtigsten Informationen zu Henry bündeln kann. Dort kann ich bis zu zwanzig Dateien hochladen – etwa Stuhl-, Urin-, Blut- oder Gentests – und damit eine Art persönliches Nachschlagewerk erstellen, auf das die KI innerhalb des Projekts zurückgreifen kann.
Zusätzlich kann man eine Beschreibung verfassen und Hinweise hinterlegen, die bestimmen, worauf die KI bei ihren Antworten achten soll. Das fühlt sich ein bisschen so an, wie wenn man einem sehr strukturierten Assistenten erklärt, worauf er achten soll, damit er möglichst hilfreich ist. Meine liebsten Hinweise, die ich in diesen Projekten verwende, sind:
- Bitte immer die aktuellen Testergebnisse einbeziehen.
- Berücksichtige alle Diagnosen, Allergien und bekannten Toxinbelastungen.
- Kurze Übersicht des Patientenprofils (Alter, Hauptsymptome etc.).
- Aktueller ATEC-Score zur Orientierung.
- Bitte orientiere dich an den Denk- und Analyseansätzen führender MAPS-Ärzte aus den USA und Europa (z. B. Dr. Richard Frye), ohne medizinische Entscheidungen zu treffen.
Diese Hinweise sorgen dafür, dass die KI strukturierter arbeitet und die vielen kleinen Puzzleteile besser miteinander verbindet. Ich nutze sie nicht unbedingt, um Therapieempfehlungen zu bekommen, sondern um komplexe Zusammenhänge schneller zu verstehen: Welche Werte passen zueinander? Welche Muster tauchen immer wieder auf? Welche Mechanismen könnten hinter bestimmten Symptomen stecken?
Allein mit diesen strukturierten Prompts lässt sich erstaunlich viel über den Gesamtzustand erkennen – nicht im Sinne einer Diagnose, sondern im Sinne eines klareren Bildes. KI ersetzt dabei keine Experten, aber sie ist zu einem mächtigen Werkzeug geworden, um meine eigene Recherche zu ordnen und zu vertiefen.
Neben der Analyse von Laborwerten nutze ich die KI inzwischen auch im Alltag. Besonders hilfreich ist sie für Rezeptideen, weil Henry sich überwiegend glutenfrei und kaseinfrei (GFCF) ernährt – da gehen einem irgendwann schlicht die Ideen aus. ChatGPT schlägt mir kreative, kindgerechte und schnelle Alternativen vor, die wir sonst nie ausprobiert hätten.
Auch bei der Interpretation von MRT-Berichten hat die KI mir schon oft geholfen. Nicht um Diagnosen zu erstellen, sondern um die medizinische Fachsprache zu verstehen und die wichtigsten Punkte herauszufiltern, bevor ich mit einem Arzt darüber spreche.
Dasselbe gilt für wissenschaftliche Studien: Früher musste ich mich mühsam durch endlose Absätze kämpfen, heute lasse ich mir die Kernaussagen zusammenfassen und verstehe dadurch viel schneller, ob ein Paper für Henrys Situation überhaupt relevant ist.
Selbst beim Auslesen von Rohdaten – etwa genetische Varianten oder Labor-CSV-Dateien – ist die KI ein echter Segen. Sie hilft mir dabei, Werte zu sortieren, Muster zu erkennen und alles übersichtlich aufzubereiten, sodass ich mich weniger im Detail verliere und mehr den Überblick behalte.
Ein Wort zur Vorsicht: KI ist ein Werkzeug – kein Ersatz für medizinische Fachpersonen
So faszinierend die Möglichkeiten von KI auch sind, eines ist mir besonders wichtig zu betonen: Man kann sich gemeinsam mit der KI theoretische Behandlungspläne oder Ideen für nächste Schritte erarbeiten, aber das geschieht immer auf eigene Verantwortung. KI kann Muster erkennen, Informationen ordnen oder Zusammenhänge sichtbar machen – doch sie ist kein Arzt, kein Labor und kein Ersatz für echte Expertise.
Ich nutze die KI deshalb eher wie ein zusätzliches Analysewerkzeug, das mir hilft, größere Zusammenhänge zu verstehen. Wenn ich mir Gedanken über mögliche biomedizinische Schritte mache, hole ich mir immer eine zweite Meinung ein – sei es durch Fachliteratur, eine andere Quelle oder, wenn möglich, einen Arzt oder Therapeuten. Gerade weil KI noch relativ neu ist, können Fehler, Missverständnisse oder Überinterpretationen auftreten.
Für mich bedeutet das: Die KI ist ein starker Partner im Hintergrund – aber die wichtigen Entscheidungen treffe ich nie allein aufgrund einer KI-Ausgabe.


Hinterlasse einen Kommentar