Die Son-Rise-Therapie (auch als Son-Rise Program bekannt) ist eine Methode, die speziell für die Arbeit mit autistischen Kindern und Erwachsenen entwickelt wurde. Sie basiert auf einer Eltern-geführten, spielbasierten und beziehungsorientierten Herangehensweise. Diese Methode wurde in den 1970er Jahren von Barry Neil Kaufman und Samahria Lyte Kaufman in den USA entwickelt, um ihrem eigenen autistischen Sohn zu helfen. Der Erfolg, den sie berichteten, führte zur Gründung des Autism Treatment Center of America, das die Methode verbreitet.
Hier sind einige zentrale Aspekte der Son-Rise-Therapie:
1. Grundprinzipien
- Akzeptanz und Beziehungsaufbau: Die Therapie legt großen Wert darauf, das Kind ohne Urteil zu akzeptieren. Sie strebt an, die Perspektive des Kindes zu verstehen und eine tiefe Bindung aufzubauen.
- Nachahmung des Kindes: Statt das Kind zu unterbrechen oder es in eine andere Aktivität zu lenken, wird aktiv versucht, die Verhaltensweisen des Kindes nachzuahmen, auch wenn sie ungewöhnlich oder repetitiv sind. Ziel ist es, das Vertrauen und die soziale Verbindung zu stärken.
- Motivationsbasierte Interaktion: Die Therapie orientiert sich an den Interessen des Kindes, um spielerisch soziale und kommunikative Fähigkeiten zu fördern. Das Ziel ist, die Motivation des Kindes für soziale Interaktionen zu erhöhen.
2. Durchführung
- Die Therapie findet oft in einer speziell gestalteten, ablenkungsarmen Umgebung statt, die das Kind ermutigt, sich sicher und wohl zu fühlen.
- Eltern und andere Bezugspersonen werden intensiv geschult, um die Therapie im Alltag umzusetzen. Die Methode kann in Heimsettings oder in speziellen Programmen angewandt werden.
- Die Interaktion ist spielerisch und flexibel. Es gibt keine strikte Struktur oder Zielvorgaben.
3. Ziele
- Verbesserung der sozialen Fähigkeiten und der Kommunikation.
- Reduktion von Stress oder Überforderung bei Kindern, indem man ihre Welt auf eine verständlichere und angenehme Weise gestaltet.
- Förderung einer tieferen emotionalen Verbindung zwischen Eltern und Kind.
4. Kritik und Kontroversen
- Wissenschaftliche Basis: Die Methode wird häufig für ihren Mangel an umfangreicher wissenschaftlicher Evidenz kritisiert. Während viele Eltern von positiven Ergebnissen berichten, gibt es nur begrenzte unabhängige, peer-reviewed Studien, die die Wirksamkeit der Son-Rise-Therapie belegen.
- Abgrenzung zu anderen Ansätzen: Im Vergleich zu anderen Ansätzen wie ABA (Applied Behavior Analysis) ist Son-Rise weniger strukturiert und stärker beziehungsorientiert. Dies kann von Fachleuten als unzureichend standardisiert wahrgenommen werden.
- Elternbelastung: Da die Methode stark auf die aktive Teilnahme der Eltern setzt, kann sie zeitaufwendig und emotional anspruchsvoll sein.
Vorteile
- Die Methode ist individuell an die Bedürfnisse des Kindes angepasst.
- Eltern berichten oft von einer verbesserten Beziehung zu ihrem Kind und gesteigerter Lebensqualität.
- Sie ermutigt zu einer positiven, nicht-konfrontativen Interaktion.
Fazit
Die Son-Rise-Therapie ist eine alternative, beziehungsorientierte Methode, die vor allem durch die aktive Rolle der Eltern und die Akzeptanz der kindlichen Perspektive auffällt. Sie ist besonders für Familien attraktiv, die eine natürliche und spielerische Herangehensweise bevorzugen. Gleichzeitig ist es wichtig, die begrenzte wissenschaftliche Evidenz im Hinterkopf zu behalten und mögliche Komplementär- oder Alternativansätze in Betracht zu ziehen.
Unsere Erfahrung mit der Son-Rise-Therapie: Ein persönlicher Erfahrungsbericht
Als unser Sohn Henry die Diagnose Autismus erhielt, standen wir plötzlich vor der großen Frage: Wie können wir ihn am besten unterstützen? Während wir auf den Start der offiziellen Autismus-Therapie warteten, suchten wir nach Möglichkeiten, ihn in der Zwischenzeit zu fördern. Dabei stießen wir auf die Son-Rise-Therapie, einen Ansatz, der speziell für Eltern entwickelt wurde, um zu Hause mit ihrem Kind zu arbeiten.
Erste Begegnung mit der Son-Rise-Therapie
Unsere erste Begegnung mit der Methode war über Youtube-Videos. Ich war fasziniert von den Aufnahmen, in denen autistische Kinder mit ihren Eltern spielten und sichtbar Freude hatten. Besonders ansprechend fand ich, dass die Therapie darauf ausgelegt ist, dass Eltern selbst aktiv werden können – genau das, was wir suchten. Kurz darauf besorgten mein Mann und ich uns das Buch Autism Breakthrough von Raun K. Kaufman, das uns tiefer in die Methode eintauchen ließ. Die Grundidee, sich ganz auf das Kind einzulassen und durch Spiel eine Verbindung aufzubauen, überzeugte uns.
Unsere Umsetzung zu Hause
Schnell nach der Lektüre starteten wir: Wir richteten einen reizarmen Spielraum ein, wie es in der Therapie empfohlen wird, und begannen, mit Henry zu arbeiten. Die Son-Rise-Therapie betont die Nachahmung des Kindes, um Vertrauen und Verbindung aufzubauen. Henry zog uns häufig an den Arm, wenn er etwas wollte. Um ihm das Zeigen beizubringen, entwickelten wir eine kreative Lösung: Wir laminierten einen großen Zeigefinger, den er benutzen konnte, um uns auf Dinge aufmerksam zu machen.
Nach etwa zwei Wochen hatte Henry das Prinzip verstanden. Es war ein großer Erfolg! Es war schön zu sehen, wie er Freude daran hatte, sich auf neue Weise auszudrücken.
Die Herausforderungen der Son-Rise-Therapie
Obwohl die Methode uns viele wertvolle Ansätze vermittelte, stießen wir bald an ihre Grenzen. Die Son-Rise-Therapie ist sehr zeitintensiv und erfordert, dass Eltern oder Helfer so viel Zeit wie möglich in einem 1:1-Setting mit dem Kind verbringen. Hinzu kommt die Empfehlung, ein Team von Helfern einzubinden, was wir jedoch nicht umsetzen wollten. Fremde Menschen in unserem Haushalt fühlten sich für uns nicht richtig an.
Außerdem merkten wir, dass wir Henry nicht ausschließlich in einem Raum fördern wollten. Nach einigen Wochen der intensiven Arbeit mit ihm spürten wir, dass er mehr Interesse an seiner Umwelt zeigte. Es war uns wichtig, ihm neue Erfahrungen außerhalb der vier Wände zu ermöglichen. Statt den ganzen Tag im Spielraum zu verbringen, gingen wir auf lange Waldspaziergänge. Diese Zeit an der frischen Luft fühlte sich für uns natürlicher und ausgeglichener an.
Parallel zur offiziellen Therapie
Parallel startete Henrys Autismus-Therapie. Die Kombination aus beidem – der strukturierten Herangehensweise der offiziellen Therapie und den spielerischen Ansätzen der Son-Rise-Methode – schien ideal. Wir konnten viele der Prinzipien der Son-Rise-Therapie in unseren Alltag integrieren, ohne uns ausschließlich darauf zu konzentrieren.
Unser Fazit
Die Son-Rise-Therapie hat uns gezeigt, wie wichtig es ist, sich auf die Welt des eigenen Kindes einzulassen. Wir haben durch die Methode gelernt, Henrys Perspektive besser zu verstehen und ihn spielerisch zu fördern. Besonders beeindruckt hat uns, wie schnell er durch gezielte Unterstützung Fortschritte machen konnte.
Gleichzeitig mussten wir feststellen, dass die intensive Umsetzung, wie sie von der Methode empfohlen wird, für uns langfristig nicht praktikabel war. Dennoch sind wir dankbar für die wertvollen Impulse, die wir durch die Son-Rise-Therapie erhalten haben. Sie hat uns in einer frühen Phase nach der Diagnose geholfen, Henrys Welt besser zu verstehen und einen ersten Schritt in Richtung Förderung zu machen.
Unser Tipp an andere Eltern: Probiert verschiedene Ansätze aus und bleibt flexibel. Nicht jede Methode passt zu jeder Familie – und das ist völlig in Ordnung. Am Ende zählt, dass euer Kind und eure Familie sich wohlfühlen und ihr gemeinsam Fortschritte macht. 😊
Vielleicht hilft unsere Erfahrung anderen Eltern, die ebenfalls auf der Suche nach einer passenden Unterstützung für ihr Kind sind. Wenn ihr Fragen habt, schreibt uns gerne in den Kommentaren! ❤️


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